über die behindertenpolitischen Positionen der AFD ist wenig bekannt. Gibt es sie überhaupt? Lässt sich Ausländerfeindlichkeit mit dem Schutz und der Förderung von Minderheiten in Einklang bringen? Gelegenheit, die Beiträge von AFD-Politikern zum Thema Behindertenpolitik unter die Lupe zu nehmen, bot sich jüngst in Brüssel. Am 8. März legte die Berichterstatterin des EU-Parlaments, die Grünen-Abgeordnete Katrin Langensiepen, dort ihren behindertenpolitischen Bericht vor. Es ging um die Frage der „Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf in der EU unter Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention“. Frau Langensiepen ist die einzige Abgeordneten im Europäischen Parlament mit einer sichtbaren Behinderung. Ein Jahr lang hatte sie intensiv an ihrem Bericht gearbeitet. Die darin enthaltene Entschließung umfasst 48 Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten und die Europäische Kommission zu allen für Beschäftigung und Beruf relevanten Politikfeldern. Bericht und Entschließung wurden im Parlament mit großer Mehrheit angenommen. 578 Abgeordnete stimmten dafür, 65 dagegen, die Übrigen enthielten sich.
Die Aussprache im Parlament verlief fokussiert und konstruktiv. Nur einige Vertreter der Fraktion „Identität und Demokratie“, zu der auch die AFD zählt, lehnten die Vorlage ab. Zwei AFD-Vertreter taten sich mit zum Teil beleidigenden Beiträgen hervor. Der Abgeordnete Guido Reil betonte in seinem Statement zunächst, dass ihm die Gleichbehandlung behinderter Menschen am Arbeitsplatz ein persönliches Anliegen sei, störte sich dann aber an der besonderen Erwähnung von Personen aus dem LGBTQ-Spektrum, von Roma und von Flüchtlingen. Zur Forderung nach einer Quote für Diversitätsarbeitsplätzen und -beratungsstellen mutmaßte er: „Da werden unseren grünen Freunden wieder Jobs besorgt – wie schon so häufig.“ Und er schloss mit der pauschalen Bewertung des Berichts: „Für mich ist dieser linksgrüne Bericht ein Schlag in die Fresse für jeden behinderten Menschen.“ Für diese Wortwahl kassierte er eine Rüge der Parlamentspräsidentin Nicola Beer und es blieb unklar, was genau er genau kritisierte – außer die Erwähnung oder Berücksichtigung von den oben genannten Minderheiten.
Von ähnlicher Qualität war der Beitrag des AFD-Abgeordneten Nicolaus Fest. Er begann mit der Bemerkung: „Frau Langensiepen, ich schätze Sie ja persönlich, aber Ihr Bericht ist mal wieder Schrott. Eine Ansammlung von Gemeinplätzen, Trivialitäten und Dummheiten.“ Auch für diese Wortwahl zog er sich eine Rüge der Präsidentin zu. Er biss sich an den Aussagen zum Thema „geringe Entlohnung ethnischer Minderheiten“ fest und mutmaßte: „Aber Sie müssen natürlich den Europäern strukturellen Rassismus unterjubeln, sonst würden Sie wohl Schwierigkeiten in Ihrer Partei bekommen.“ Zu der Feststellung eines „diskriminatorischen paygaps“ zu Lasten der Roma dozierte er: „Ohne Ausbildung kriegt man eben keinen Job.“ Auch die anderen berichtete Diskriminierungen seien „Voodoo und linker Sozialismus“. Falls es Diskriminierungen gäbe, seien sie die Schuld der Grünen, schließlich seien die seit Jahren führend in den Landesparlamenten. Er endete mit der Aufforderung an die Berichterstatterin: „Frau Langensiepen, verlassen Sie die Partei, denn Ihre Partei ist politisch verantwortlich für diese Diskriminierung.“ Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Problemen behinderter Menschen oder gar eigene Lösungsvorschläge, gab es von den beiden AFD-Vertretern nicht. Wenn Sie sich ein eigenes Bild von der interessanten Debatten machen wollen, finden Sie die
Video-Aufzeichnung des Beitrags von Guido Reil
hier und die von Nicolaus Fest
hier sowie
hier.
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