SELBSTVERANTWORTUNG
von Laura Burhop
Ein eigenständiges Leben mag nie nur leicht sein, für Menschen mit einer seelischen Behinderung kommen besondere Erschwernisse hinzu.
Für mich ist es immer wieder eine Gratwanderung, meinen Wünschen, Anliegen, Zielsetzungen und auch Verpflichtungen in einem guten Maß gerecht zu werden. Es ist schwierig abzuwägen zwischen meinem Bedürfnis nach Autonomie einerseits und andererseits meinem oft versteckten Wunsch nachzukommen, jemanden um Unterstützung zu bitten.
Denn ich möchte mich doch auf eigenes Risiko ausprobieren, und ich habe gleichzeitig Angst vor dem Risiko.
Öfter erlebe ich Momente voller Freude, Lebendigkeit und Zugewandtheit - sowohl, wenn ich alleine bin als auch im Zusammensein mit anderen Menschen. Doch manches Mal bin ich in meiner Achtsamkeit mir selbst gegenüber nicht wirklich genau. Mein Wunsch, dass der "wunderbare Augenblick" noch nicht zu Ende sein soll, ist dann so groß, dass ich die Stimme der Vernunft überhöre.
Gefährlich sind besonders Irritationen in alltäglichen Situationen. Ich spüre die Verletzung schon in mir aufkommen, vielleicht durch einen Blick der mich trifft, eine Aussage, die gar nicht an mich gerichtet war oder eine Geste, die ich zufällig wahrnahm.
Hierdurch kann eine Atmosphäre in mir entstehen, die sich unheimlich anfühlt, und die ich - warum bloß? - unbedingt alleine im meinem Kopf klären will.
Und dann mache ich immer wieder die Erfahrung, dass ich mich klein, hilflos und beschämt fühle...
Was dann in mir auftaucht sind alte Gefühle, die ich als Kind oft erlebt habe.
In dieser Einsamkeit ist es so schwer Hilfe zu erbitten.
September 2021
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