Die gpe Mainz gehört zu den attraktivsten Arbeitgebern der Stadt
Ihr Inklusionskonzept ist aber bedroht
Ein gezeichnetes Bild auf dem 5 Häuser abgebildet sind, die kreisförmig angeordnet sind. Zwischen zwei Häusern steht "gpe Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen". Alles ist untereinander mit Pfeilen verbunden.
Zum zweiten Mal in Folge gehört die Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen (gpe) Mainz zu den 500 Unternehmen in 25 Städten, die deutschlandweit als attraktivste Arbeitgeber ausgezeichnet wurden. Die Auszeichnung wird vergeben vom Statistikunternehmen Statista und der Zeitschrift Capital. Neben der Attraktivität für die Beschäftigten wird das Engagement in der Region und der Beitrag für den Wirtschaftsstandort sowie die Übernahme sozialer Verantwortung bewertet. In Zeiten der Vollbeschäftigung und des Fachkräftemangels ist die Auszeichnung ein gewichtiges Argument bei der Suche nach Mitarbeitern und bei der Personalbindung.
In der Werkstattlandschaft gilt die gpe schon lange als vorbildliches Unternehmen. Ihr Werkstattangebot unter dem Namen "ServiceCenter" bietet Arbeitsplätze für psychisch kranke und behinderte Menschen, ist dezentral organisiert und setzt seinen Fokus auf regionale Dienstleistungen. Es umfasst u.a. die Bereiche Kita- und Schulverpflegung, Kantinen- und Mensenangebote, den Gasthof Grün, zwei Wäschereien, Grafik, Druck und Versand, das Nähwerk und die Bildungseinrichtung Campus.
Erweitert wird das Angebot durch Integrationsbetriebe wie das Hotel INNdependence, zwei CAP-Märkte und zwei Bioläden mit Bistro, die Zuverdienstprojekte Mollywood Second Hand und Wachsmanufaktur, arbeitsintegrierende Angebote für Langzeitarbeitslose, ein Beratungscafé für psychisch erkrankte Jugendliche oder die soziale Stadtimkerei. Auch in der Integration von Beschäftigten in den Arbeitsmarkt ist die gpe überdurchschnittlich erfolgreich. Seine Wurzeln hat der Träger in der Gemeindepsychiatrie, er ist dem Konzept der Sozialraumorientierung und regionaler Vernetzung verpflichtet. Für die erneute Prämierung dürfte von Bedeutung gewesen sein, dass die gpe während des Lockdowns 2020 Obdachlose in das ansonsten leerstehende Hotel INNdependence aufgenommen hat. In diesem Jahr fanden zudem Geflüchtete mit Behinderung aus der Ukraine hier eine Unterkunft.
Das Prinzip der Stadtteil- und Gemeindeorientierung der gpe war aber durch eine neue Finanzierungspraxis der rheinland-pfälzischen Landesregierung gefährdet. Lange Zeit sah es so aus, als müsste die Sozialraumorientierung aufgeben werden, weil das Land die Pachtkosten für dezentrale Standorte in vollem Umfang der wirtschaftlichen Betätigung zurechnete und damit die Pachtkosten nicht mehr im Vergütungssatz für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung anerkannte. Die Mieten sollten dem entsprechend vollumfänglich erwirtschaftet werden und die Geschäftsführung wäre dadurch gezwungen worden, Mietverhältnisse zu kündigen und Standorte aufzugeben. Schon zum Jahresende ist die Kunstabteilung BUNT der gpe betroffen. Denn die dort entstehenden Pachtkosten hätten bei Weitem nicht über die Erlöse des Ateliers gedeckt werden.
Jetzt haben sich Land und gpe auf eine neue Form der Finanzierung geeinigt. Um die sozialräumliche Organisationsstruktur der Einrichtungen zu erhalten, wurde die Möglichkeit individueller Finanzierungsvereinbarungen im neuen Bundesteilhabegesetz genutzt und für die Jahre 2019 bis einschließlich 2022 entsprechende Vergütungsvereinbarungen geschlossen. Kürzungen der Leistungsvergütungen und somit der Angebote der gpe konnten dadurch verhindert werden. Nach Gesprächen zwischen dem Sozialministerium und der gpe wird eine entsprechende Vereinbarung auch für das Jahr 2023 angestrebt.
Für das Jahr 2024 und die darauffolgenden Jahre beabsichtigen das Land und die gpe, durch sogenannte "Abweichende Zielvereinbarungen" nach dem neuen Teilhaberecht (§ 132 SGB IX) neue Wege bei der Organisations- und Angebotsstruktur zu beschreiten und passgenaue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen zu schließen. "Wir sind zufrieden mit dieser Lösung", erklärt gpe-Geschäftsführer Jörg Greis. "Die Zusage bedeutet, dass wir unser Konzept, das deutschlandweit gelobt wird, weiterführen können."
Für die Kunstwerkstatt BUNT jedoch kommt diese Lösung zu spät. Der Pachtvertrag musste bereits gekündigt werden, die Abteilung befindet sich in der Auflösung. Mit den Beschäftigten wurden Gespräche geführt, um andere Arbeitsmöglichkeiten innerhalb der gpe zu finden. Und das kreative Potenzial der BUNT-Beschäftigten soll in Zukunft in entsprechenden arbeitsbegleitenden Angeboten zur Geltung kommen. Hier versuche man, schnellstmöglich neue Formate zu entwickeln – wir werden berichten.
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