Geschichten aus der WfbM
Offener Brief des Werkstattrats der Union Sozialer Einrichtung in Berlin
Dieses ist ein Statement für den Erhalt von Werkstätten für behinderte Menschen. Er gibt einen Einblick in eine Welt, in der die Sicherheit, der Schutz und das Glück der Schwachen in unsere Gesellschaft mit ihren Werten und Normen nur durch den Erhalt der Werkstätten und die Förderung der Inklusion gleichermaßen das einzige Ziel sein sollten.
Stellen sie sich vor, sie wohnen in einer schönen Wohnung mit Park genau vor der Haustür, fließend Wasser und Strom, ihren Freunden in unmittelbarer Nähe und Einkaufsmöglichkeiten gleich um die Ecke. Es ist die Wohnung, in der sie wohnen wollen, die sie sich ausgesucht und besichtigt haben. Deren Mietvertrag sie unterschrieben und die Kaution gezahlt haben, die Wände gestrichen in ihrer Lieblingsfarbe. Schlussendlich mit der Hilfe ihrer Freunde den Umzug gemeistert, die Möbel gestellt, Bilder an die Wand gehangen, Schränke aufgebaut und eingeräumt haben. Es ist ihre Wohnung, die ihnen Sicherheit, Geborgenheit, Freiheit, Eigenständigkeit und für sie absolutes Glück bedeutet und auf die sie stolz sind.
So weit so normal, die meisten erkennen sich sicherlich wieder.
Stellen sie sich nun vor, es ist abends. Sie sind Zuhause, genießen den Abend und ahnen nichts Böses. Doch von der Straße nährt sich ein lauter werdender Mob von Menschen ihrer Wohnung, mit brennenden Fackeln und Mistgabeln. Sie rufen etwas, das sie noch nicht richtig verstehen. Je näher sie kommen, desto lauter werden die Rufe. Kurz bevor sie bei ihrem Haus und damit ihrer Wohnung sind, verstehen sie die Rufe.
Und das, was sie hören macht ihnen Angst.
„Das Haus muss weg!“ und damit auch ihre Wohnung und das besser gestern als heute oder morgen
Sie müssen weg. Sie verstehen nicht, warum fordert dieser Mob das? Warum ausgerechnet ihr Haus und ihre Wohnung in der sie sich wohl, geborgen und sicher fühlen? Wo sie zuhause sind, wo alles für sie bekannt und vertraut ist und sie sich selbst glücklich und respektiert fühlen.
„Das Haus muss weg“ immer mehr Menschen mit brennenden Fackeln und Mistgabeln kommen hinzu und ihre Stimmen schreien.
„Das Haus muss weg!“, sie haben Angst. Sie schließen die Tür ab, machen die Vorhänge zu, das Licht aus kauern sich in eine Ecke ihrer einst sicheren Wohnung und Tränen rinnen ihre Wangen hinunter. Der Schimmer der Fackeln und die Schatten der Mistgabeln zeichnen sich an den Wänden. Sie zittern, weinen und haben ANGST.
„Das Haus muss weg!“
Das ist heute die Forderung des „Mobs“ der Gesellschaft, der Politik und der Medien.
Abschaffung unserer Häuser der Werkstätten, weil sie die Inklusion behindern und ihr im Wege stehen. Eine Parallelwelt wurde mit ihnen erschaffen, die nun ausgerottet und aus der Geschichte getilgt werden muss. Es würde die Beschäftigten ausgebeutet, ihnen kein wertschätzender Lohn gezahlt und die Geschäftsführer und Mitarbeiter der Werkstätten sind nichts weiter als moderne Sklavenhalter, die Kunden der Werkstatt ebenso.
Dies sind die Argumente einer Seite und einer Berichterstattung, die ebenfalls einseitig ist, weil man uns die Fähigkeit zum eigenständigen Denken, Handeln und einen freien Willen abspricht. Uns nicht wahrnimmt und respektiert. Wir sind anders, aber das bedeutet nicht schlechter. Ihr versteht uns nicht immer. Aber wenn wir froh sind, lächeln wir, wenn wir einen Scherz machen, lachen wir, wenn wir uns den Zeh anstoßen, fluchen wir, wenn wir unser Lieblingslied hören, summen wir mit und wenn wir uns in den Fingern schneiden, bluten wir wie jeder andere auch.
Nur weil etwas für mich nicht verständlich ist, liegt das nicht am Gegenüber und dem Anders sein. Sondern an meiner eigenen Beschränktheit und Barrieren in allen seinen Formen in unseren Herzen und Köpfen. Wenn Etwas nicht logisch ist, bedeutet es nicht automatisch, dass es falsch ist. Wenn etwas nicht sichtbar ist, bedeutet es nicht, es existiert nicht. Wir dürfen in einer freien Welt sein, wer wir wollen und so sein, wie wir wollen. Solange wir mit den Grundwerten des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht in Konflikt geraten und gegen das Gesetz verstoßen. Aber anders zu sein ist schon ein Konflikt für Normale, etwas was sie nicht verstehen und akzeptieren können.
Wir sagen „Erhalt der Werkstätten“!
FAZIT
Was wir meinen: Nur dies ermöglicht wahre Inklusion unserer Häuser, die für alle offen sind und für uns ein wichtiger Teil unseres Lebens sind. In denen wir uns sicher, respektiert und wertgeschätzt fühlen und die uns eine feste Tagesstruktur geben. Wo wir Freunde gefunden haben, die uns helfen, alles einfacher und unser Leben ein Stück normaler machen. Werkstätten sollen erhalten bleiben mit einem fairen und gerechtem Endgeld. Wir hoffen auf einen respektvollen und mit gegenseitiger Wertschätzung geführten Dialog, zu dem wir immer bereit sind!
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