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Katja Mieder, Beruf: Performerin

Bild Katja Mieder, Beruf: Performerin
Katja Mieder

 21. Mai 2024 | Textbeitrag

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Katja Mieder hat 21 Jahre in einer Werkstatt gearbeitet.
Jetzt ist sie erfolgreiche Performerin und Tanz-Anleiterin.
       Eine Performerin ist eine Person, die in einer Aufführung auftritt.
       Zum Beispiel mit Musik, Tanz oder Theater.

Mit dem Rollstuhl tanzen

Katja Mieder ist eine Tänzerin aus Leipzig.
Sie bewegt sich schnell mit ihrem Rollstuhl über die Bühne.
Sie lenkt ihn in verschiedene Richtungen.
Sie benutzt die Blink-Lichter und Hupe.
Sie verstellt den Sitz und das Fußbrett.
Nach der Vorstellung erklärt sie:
"Ich benutze alle Funktionen von meinem Rollstuhl.
Damit kann ich mich dann besser ausdrücken."

Im Alltag bewegt sie sich mit dem Rollstuhl nur
von einem Ort zum anderen.
Denn sie ist spastisch gelähmt und kann dadurch nicht alleine laufen.
Aber auf der Bühne bringt sie den Rollstuhl zum Tanzen.
Seit 15 Jahren ist Katja Mieder Tänzerin im Rollstuhl.
Viele Menschen können sich das nur schwer vorstellen.
Eine schwer körper-behinderte Tänzerin? Wie soll das gehen?

So hat Katja mit dem Tanzen angefangen

Katja Mieder war im Jahr 2006 mit ihrer Jugend-Gruppe
im Sozio-kulturellen Zentrum Die VILLA.
Sie wollten dort bei Freizeit-Angeboten mitmachen.
Spontan hat die Gruppe bei den Tanz-Proben
von Heike Henning mitgemacht.
Heike Henning ist Choreografin aus Leipzig.
Ein Choreograf macht aus Tanz-Schritten neue Tänze.

Bild Katja Mieder, Beruf: Performerin
TanzlaborLeipzig "FreiesTanzen" - Foto: Tom Dachs

Das Tanz-Labor Leipzig

Beim gemeinsame Tanzen haben sie entschieden:
Wir gründen das Tanz-Labor Leipzig.
Katja Mieder war von Anfang an dabei.
Im Jahr 2015 hat die Gruppe die Idee gehabt:
Wir können eine eigene Tanzlehrer-Ausbildung
für Menschen mit und ohne Behinderung machen.
Seit 2018 gibt es diese Ausbildung nun.

Seit 2020 bietet das Tanz-Labor Leipzig
auch Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen an.
Einige von ihnen arbeiten dort in einem Mini-Job.
Auch Katja Mieder hat einen halben Mini-Job beim Tanz-Labor.
Sie sagt:
"Ich bin sehr oft im Tanz-Labor und ich gebe alles für meine Arbeit."
Katja Mieder hat viele Erfahrungen
in der Leipziger Tanz-Szene gesammelt.
Und sie arbeitet auch in internationalen Projekten mit.

"Ich lebe mein Leben so wie Du
und brauche eben Assistenz dabei."

Selbstständiges Leben dank Assistenz

Mit dem Geld vom Mini-Job und ihrer Rente
kann Katja Mieder für ihr Leben bezahlen.
Sie hat jetzt auch ein Team von 6 Assistenten und Assistentinnen.
Die sind abwechselnd rund um die Uhr bei ihr.
Katja Mieder sagt:
"Ohne meine Assistenten könnte ich all das nicht tun.
Sie helfen mir schon morgens beim Aufstehen und Gesicht waschen."
Katja kann ihr Leben dank der Assistenten jetzt besser selbst planen.

Andere fragen Katja immer wieder:
Wie lebst du denn?!
Darüber ärgert sich Katja.
Aber dann erklärt sie:
"Ich lebe mein Leben so wie Du und brauche eben Assistenz dabei."


Katja fordert:
Menschen mit Behinderungen sollen nicht mehr
wie Außerirdische behandelt werden.
Sie hofft, dass Tänzer und Tänzerinnen in Rollstühlen
irgendwann für alle normal sind.

21 Jahre Arbeit in der Werkstatt

Neben dem Tanzen hat Katja Mieder lange Zeit in verschiedenen Jobs
in der Diakonie am Thonberg gearbeitet.
Sie war dort Filz-Gestalterin und auch Medien-Gestalterin.
Katja Mieder wollte gerne weg von der Werkstatt.
Aber sie hatte keine andere Wahl und hat 21 Jahre dort gearbeitet.
Denn sie hatte kein Abschluss-Zeugnis von der 9. oder 10. Klasse.
Und darum auch keine Arbeit auf dem ersten Arbeits-Markt gefunden.

Dafür war Katja Mitglied im Werkstatt-Rat
und später auch Frauen-Beauftragte.
Sie wollte etwas verändern und sich besonders
für Frauen mit Behinderung einsetzen.

"Lasst Euch nicht klein machen. Habt Mut und geht raus."

Nach 21 Jahren Arbeit in der Werkstatt hat Katja Mieder beschlossen:
Das will ich nicht mehr.
Ich mache meine Träume jetzt zur Wirklichkeit.
Katjas Traum war das Tanzen.
Sie hat die Tanzanleiter-Ausbildung beim Tanz-Labor Leipzig gemacht.
Und auch die mixed-abled Anleiter-Ausbildung.

            Mixed-abled bedeutet:
            Menschen mit und ohne Behinderung tanzen zusammen.

Dabei hat sie gemeinsam mit Choreografin Marlen Schumann geplant:
Wie kann man als Team von Menschen mit und ohne Behinderung
anderen das Tanzen gut beibringen?
Dafür hat Katja auch eigene Übungen entwickelt.

Es ist noch nicht alles perfekt

Aber auch die Tanz-Welt ist immer noch ungerecht.
Genauso wie viele andere Bereiche des Lebens und der Arbeit.
Menschen mit Behinderungen haben nicht
die gleichen Möglichkeiten wie andere Tänzerinnen und Tänzer.
Katja Mieder hätte gerne an der Palucca Hochschule für Tanz
in Dresden eine Tanz-Ausbildung gemacht.
Aber das war für sie nicht möglich.
Sie möchte kein Mitleid deswegen haben.
Sie möchte einfach Gleichberechtigung für alle Menschen.

Als Künstlerin und Performerin trägt sie zu einer besseren Integration
von Menschen mit Behinderungen bei.
Sie glaubt:
Fast jede Tanz-Gruppe sollte inklusiv sein.
Ihre Botschaft an andere Menschen mit Behinderung ist:
"Lasst euch nicht klein machen. Habt Mut, rauszugehen.
Und sucht euch Hilfe, wenn ihr sie braucht."
Dabei kann man sich auch etwas Zeit lassen.
Denn solche Veränderungen gehen nicht von heute auf Morgen.
Vorhang auf, Bühne frei und Applaus für Katja Mieder!

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