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Dr. Jochen Walter geht in den Ruhestand

Rückblick auf eine prägende Ära der Stiftung Pfennigparade

Bild Dr. Jochen Walter geht in den Ruhestand

 18. März 2025 |  Dieter Basener | Textbeitrag

  Kommentar

Die Zivildienstzeit und eine Handwerkslehre könnte die entscheidende Basis für das spätere Führungsverhalten von Jochen Walter gewesen sein. Sie haben ihn geerdet. Tatsächlich war er auch als Leiter einer Einrichtung mit 2.500 Mitarbeitern nie abgehoben, ausgestattet mit einem unverrückbaren Kompass für die Menschen.

Seinen Zivildienst absolvierte er in seiner Heimatstadt Hamburg in einer WfbM. Es folgten die Lehre zum Kessel- und Behälterbauer, das Studium der Berufspädagogik und Informatik und daran anschließend die Promotion. Seine berufliche Tätigkeit begann er in einer Unternehmensberatung, wechselte in die Geschäftsführung des Berufsbildungswerks Neckargemünd und fand 2002 schließlich seine Berufung als Vorstand der Münchner Stiftung Pfennigparade, die sich seit den 1950er-Jahren für die Teilhabe von Menschen mit körperlichen Behinderungen einsetzt. Unter Walters Leitung entstanden wegweisende Projekte wie barrierefreie Wohnkonzepte, digitale Bildungsplattformen und innovative Arbeitsmodelle. Heute umfasst die Stiftung 80 Dienste und Einrichtungen in und rund um München. Nach 23 Jahren Tätigkeit für die Stiftung wurde Jochen Walter am 13. März 2025 offiziell in den Ruhestand verabschiedet.

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Ein Abschied mit prominenter Beteiligung

Die hochkarätig besetzte Rednerliste der Abschiedsfeier spiegelte die Bedeutung wider, die die Stiftung Pfennigparade unter Walters Führung erlangt hat. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und die Bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf verabschieden ihn per Videobotschaft, Bundesstaatssekretär Rolf Schmachtenberg (BMAS) reiste aus Berlin zu einer Laudatio an. Mitarbeitende und Reha-Kund:innen kamen teils in einem humorvollen Filmbeitrag zu Wort. Ebenso wie Stiftungsräte und Kooperationspartner lobten sie die Offenheit, das Verhandlungsgeschick und den Innovationsgeist von Jochen Walter. Besonders hervorgehoben wurde seine Fähigkeit, Brücken zwischen unterschiedlichen Akteuren zu schlagen: Zwischen Menschen mit Behinderungen, Leistungsträgern, der Politik und der Wirtschaft. Letztere konnte er durch Kooperationen mit Konzernen wie der BMW Group eng an die Pfennigparade binden – ein Balanceakt, der nur wenigen gelingt. Maximilian Schöberl, Kommunikationschef von BMW, betonte in seiner Laudatio: „Dr. Walter hat gezeigt, wie Inklusion durch Dialog und Pragmatismus Wirklichkeit wird.“

Meilensteine: Der Campus, die nachhaltige Finanzierung und Impulse für die WfbM

Ein Höhepunkt von Walters Schaffen war der Ausbau des Campus Pfennigparade, ein Leuchtturmprojekt, das Wohnen, Arbeiten und Bildung unter einem Dach vereint. Parallel entwickelte er nachhaltige Finanzierungsmodelle, um die Stiftung unabhängiger von Spenden zu machen. „Wir haben gelernt, wirtschaftlich zu handeln, ohne unsere Mission zu vergessen“, resümiert er.

Walter prägte auch die bundesweite Debatte zur Inklusion. Als Vorstandsmitglied der BAG WfbM setzte er sich für Themen wie die Werkstättenmesse und eine faire Entlohnung von Beschäftigten ein. Letzteres scheiterte trotz seiner Bemühungen leider an politischen Widerständen. Mit Fachbüchern im Verlag 53° NORD (u.a. "Umbauen und Öffnen" und "Weiter entwickeln – aber wie?") gab er zudem Denkanstöße zur Zukunft der Werkstätten. Sein Credo: Werkstätten müssen sich modernisieren und ihre lokale Verankerung stärken.

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Der Blick nach vorn

In seiner Abschiedsrede appellierte Walter an das Team: „Die Pfennigparade macht einen Unterschied – für viele Menschen. Doch dieser Erfolg braucht Partner. Pflegt diese Beziehungen jeden Tag aufs Neue!“ Sein Co-Vorstand, Ernst-Albrecht von Moreau, lobte Walters Weitblick: „Seine Lösungsorientierung und Kreativität waren prägend. Ich bin dankbar für die gemeinsame Zeit.“

Zum 1. April 2025 geht die Vorstandsrolle an seinen Nachfolger Dr. Oliver Gosolits über. Der Sozialpädagoge und ehemalige KFZ-Mechaniker bringt 20 Jahre Expertise in der Eingliederungshilfe mit, zuletzt als Geschäftsführer der Oberland Werkstätten. Gosolits kündigte an: „Ich will mit dem Team der Pfennigparade neue Wege gehen – immer auf Augenhöhe und mit Energie.“

Auch im Ruhestand bleibt Walter der Inklusion verbunden. Als Aufsichtsrat bei vediso e. V., dem Verband für Digitalisierung in der Sozialwirtschaft, als Vorstand des abm-inclumedia- Vereins, in dem Menschen mit und ohne Behinderung Filme produzieren und auch als Berater der Pfennigparade wird er weiterwirken. Sein Segelboot muss wohl noch warten. Auch nach seinem Abschied, da ist er sicher, bleibt für seine Kolleg:innen viel zu tun. „Inklusion hat kein Enddatum“, betont er. „Sie lebt vom täglichen Einsatz. Ich vertraue darauf, dass das Team diese Mission auch in schwierigen Zeiten erfolgreich fortsetzt.“ In 23 Jahren intensiver Arbeit hat er das Feld dafür gut bestellt.

 

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